Es leben zwar nur 13.000 Menschen in Altötting, obwohl die Stadt im Alpenvorland eine Kreisstadt ist. Jedoch halten sich übers Jahr gesehen erheblich mehr Menschen im 90 Kilometer von München entfernten Ort auf: Bis zu einer Million (!) Wallfahrer pilgern alljährlich nach Altötting, laut städtischer Bürger- und Touristinfo seit 500 Jahren und bis heute der bedeutendste Marienwallfahrtsort im deutschsprachigen Raum. Dort soll sich im 15. Jahrhundert sogar ein Marienwunder ereignet haben, als ein verstorbenes Kind auf Flehen seiner Mutter angeblich ins Leben zurückkehrte.
„Viele Menschen suchten daraufhin Schutz und Hilfe bei der Muttergottes von Altötting. Zu dieser Zeit waren Wallfahrten sehr beliebt und die Gnadenkapelle wurde rasch zu einem Zentrum der Volksfrömmigkeit, das während der folgenden Jahrhunderte von den Wittelsbacher Fürsten intensiv gefördert wurde“, so das Bürger- und Touristinfo weiter.
Altötting ist indes nicht nur ein Zentrum der Volksfrömmigkeit, sondern ebenso der Firmensitz der „Esterer WD GmbH“, kurz „EWD“. „EWD“ steht auch auf der Arbeitskleidung von Ernst Kutschka. Der Diplom-Ingenieur ist Projektleiter und mit seinen Kollegen über die vergangenen Tage in Langenbach gewesen, um die neue Sägelinie der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) in Betrieb zu nehmen (siehe Vielleicht…).
„Die grundsätzlichen Abläufe sind schon immer die gleichen, aber im Detail ist es doch jedes Mal anders, wenn man eine Anlage aufbaut und in Betrieb nimmt“, sagt Kutschka. „Hier haben wir eine Mischung aus Neubau und Bauen im Bestand gehabt und beengte Platzverhältnisse.“ Allerdings sei das bei EWD bekannt gewesen und die Planung natürlich darauf abgestimmt worden. „Und wir konnten die Einbringung der schweren Maschinen rechtzeitig vorsehen und haben sie mit dem entsprechenden Hebezeug – aweng knapp – aber doch hineingebracht.“
Mittels guter Hilfsmittel wie einem 3-D-Laser-Scanner und Maßaufnahmen sei die Planung bei EWD passend vorgenommen worden. „Von dem her gab es jetzt eigentlich keine Überraschungen“, führt Ernst Kutschka aus, „Engstellen haben wir rechtzeitig erkannt und entsprechend darauf reagiert“, so der im fünften Jahr bei EWD Tätige.
Trotz aller Professionalität und guter Vorbereitung sei der Moment, zu dem an einer neuen Säge erstmals Holzspäne durch die Luft wirbelten, „auf jeden Fall“ immer ein besonderer Augenblick, gesteht der Projektleiter: „Wenn ich sagen würde, dass das für mich alles komplette Routine sei, wäre das gelogen. Es gibt schon immer mal Gänsehautmomente.“ Wenn ein gemeinsam erarbeiteter Plan schlussendlich funktioniere, sei das einfach sehr befriedigend.
Dazu mussten die Maschinenteile nicht nur perfekt mechanisch aufeinander ausgerichtet werden. Ebenso, erklärt Kutschka, hatten kundige Programmierer die Steuerung der Linie in sogenannten „SPS“ abzulegen und dazu Daten aus ungefähr 20 Sensoren in der Säge einzubeziehen. Eine wahre Kunstfertigkeit sei dann die Arbeit der Inbetriebnehmer, lobt Kutschka weitere seiner Kollegen, die vor Ort dafür sorgten, dass sämtliche Abläufe im Zusammenspiel aller montierten Komponenten perfekt flüssig funktionierten. „Man braucht dafür eine gute Beobachtungsgabe, um bei allem Ursache und Wirkung zu erkennen“, schildert der Ingenieur, wiewohl Hilfsmittel wie Zeitrafferkameras genutzt würden.
Kutschka und seine Kollegen sind fürs Weihnachtsfest selbstverständlich heimgekehrt; nach Bayern, in die Region zwischen Chiemsee, Passau, Salzburg. Doch nach der Jahreswende, im Januar, werden sie noch einmal in den Westerwald zurückkommen. Während dreier Wochen sollen die letzten Dinge, die zu einer Inbetriebnahme einer so komplexen Sägelinie gehören, erledigt und ebenso die Bediener der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) eingearbeitet werden. „Man muss ein Gefühl für alles kriegen, die Joysticks am Bedienstuhl zum Beispiel“, deutet er auf die Steuerhebel am modernsten Arbeitsplatz der WWP, „da ist schon auch eine Fingerfertigkeit dabei.“
Dies trotz der Tatsache, dass mit einer Investition von über zehn Millionen Euro modernste Technik eingebaut worden ist, die den Sägewerkstandort Langenbach für die nächsten Jahre zukunftsfest mach. Und eine wachsende Zahl von soliden Arbeitsplätzen für Menschen im Oberwesterwald bietet.